Liebe User des Axolotlforums von Axolotl-online,
in den letzten Wochen war festzustellen, dass vermehrt Hybriden (also Kreuzungen) zwischen Axolotln (Ambystoma mexicanum) und Ambystoma andersonii als Jungtiere zum Kauf angeboten wurden. Im Kreise der Moderatoren haben wir uns Gedanken dazu gemacht und wollen Euch hier das Ergebnis unserer Diskussionen vorstellen.
Dies ist gleichzeitig der offizielle Standpunkt des Axolotl-online Forums zu diesem Thema.
1) Wir wissen nicht, ob die Hybridisierung für die Hybriden selbst negative Auswirkungen haben wird. Man kann sich allerdings keine positiven Auswirkungen vorstellen - somit liegt kein gesundheitlich- positives Züchtungsziel vor.
2) Phänotypisch (äußerlich) dürften sich Hybriden irgendwo zwischen Axolotl und Andersonii bewegen. Sie werden die intensive Farbzeichnung der Andersonii wohl nicht übertreffen. Wer das Aussehen der Andersonii mag, sollte artreine Andersonii halten. Dank der Erfahrungen von Christina und Hartmut ist mittlerweile bekannt, dass die anfänglich höhere Metamorphoserate bei Andersonii durch low protein - Fütterung und Verzicht auf Regenwürmer deutlich reduziert werden kann. Somit besteht kein zwingender Grund, die Hybridisierung züchterisch vorzunehmen, um den Landgängeranteil zu senken. Daher sollte sich, wer neotene Amphibien halten möchte, die wie Andersonii aussehen, mit deren Bedürfnissen auseinandersetzen und reine Andersonii halten.
3) Hybridisierung mit dem Ziel, neue Farbvarianten zu erzeugen:
Man muß zwischen geschichtlichen Ereignissen und aktuellem Geschehen unterscheiden. Bei der Entstehung der Albinos war eine wissenschaftliche Fragestellung mit im Spiel und sie wurde wissenschaftlich durchgeführt, dokumentiert und publiziert (Humphrey). Das ganze geschah in den 60er Jahren im Rahmen von Kreuzungsversuchen der klassischen Genetik (Humphrey, 1967; Hennen, 1977) zur Vererbung der Pigmentierung und gilt auch für die Goldalbinos (Frost, 1989). Man mag dazu stehen, wie man will, es ist keine Begründung dafür, heutzutage mittels Hybridisierung Farbvarianten für den Hobbybereich zu züchten, um die Tiere "schicker" oder "interessanter" zu machen. Wir lehnen Hybridiserung mit dem Ziel, neue Farbvarianten zu erhalten, ab, da sie aus züchterischen Gesichtspunkten ausschliesslich der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse, nicht aber dem Wohl der Tiere oder deren Gesundheit dient. Amphibien sind in ihrer natürlichen Umwelt stark gefährdet - oberstes Zuchtziel sollte daher sein, die ursprünglichen Erscheinungsformen möglichst zu erhalten. Bereits vorhandene durch Hybridisierung entstandene Farbvarianten wie der Albino sind in der Privathaltung von Axolotln weit verbreitet und besitzen daher "Bestandsschutz". Sie sollten aber aus Populationen, die dem ursprünglichen Phänotyp entsprechen ("Urwildaxolotl") oder ausschliesslich aus Wildfängen hervorgegangen sind, herausgehalten werden.
4) Private Zucht versus wissenschaftliche Kreuzungsexperimente:
In wissenschaftlichen Experimenten werden alle Verpaarungen dokumentiert und eine größere Anzahl von Nachkommen genauestens beobachtet. Dabei sollte ein genauer Stammbaum der Tiere nachvollziehbar und gesichert sein, damit die Tiere nur mit diesen Hintergrundinformationen an Privathalter abgegeben werden. Im Gegensatz zur Haustierzucht, wo zumindest in der Rassezucht (Hund, Katze, Pferd) und bei landwirtschaftlichen Nutztieren (Rind, Schwein) gezielte Zucht mit Dokumentation des Stammbaums stattfindet, findet die private "Zucht" von Axolotln weitgehend unkontrolliert statt. Die meisten Halter haben keinen Stammbaum für ihre Tiere, es gibt keine zentralen Zuchtregister. Sollten nach mehreren Generationen negative Effekte in einzelnen Zuchtlinien auftreten, ist es unmöglich, die betroffenen Tiere quantitativ aus der Zucht zu nehmen bzw. den Ursprung ausfindig zu machen.
5) Hybridisierung Axolotl mit Tigrinum und "Gurken":
Die erste Hybridisierung geschah vermutlich schon in der Population, die nach Europa gebracht wurde und in den 60er Jahren durch Humphrey. [Zitat aus "Developmental Biology of the axolotl" edited by J. B. Armstrong and G. M. Malacinski, Oxford University Press, 1989, S. 7: "...and from these 7 [axolotl] came the many thousands of axolotl sent all over Europe. .... Apparently the original stock received in Paris represented both the axolotl and its cryptic mimic, the black race of the tiger salamander; that would explain the the exceedingly common observance of transformation in the offspring of that stock."]
Es ist somit anzunehmen, dass alle Axolotlbestände, ausgenommen derer, die ausschliesslich auf Wildfängen in jüngerer Zeit basieren, einen gewissen Anteil Tigerblut enthalten. Die Hybridisierung mit dem Tigersalamnder hat also bereits das "ursprüngliche" Axolotlgenom der meisten Axolotl verfälscht.
Im Gegensatz dazu hatte die Hybridisierung aber keinen/kaum Einfluß auf den Genpool des Tigersalamnders. Hybriden zwischen Axolotl und Tigersalamander sind phänotypisch eindeutig zu erkennen und aufgrund der schwierigen Nachzucht von terrestrischen Tigersalamandern ist die Anzahl der Züchter geringer und diese sind wohl auch besser informiert.
Bei Andersonii dagegen könnte die Hybridisierung mit Axolotln quasi unbemerkt in den Genpool einfliessen und der "ursprüngliche" Genotyp würde unwiederbringlich verfälscht. Da beide Arten aquatisch gehalten werden können und Gelege aus gemischten Becken undefiniert sind, sollten Andersonii in reinen Artbecken gehalten werden. Da die geringe Ausgangszahl von Tieren in der Zucht ohnehin einen genetischen Bottleneck (engl. Flaschenhals) darstellt, sollte die Reinerhaltung des Andersonii oberste Priorität haben.
Hybridiserungen aus Andersonii-Axolotl können keinesfalls durch die Hybridisierung Tigersalamander-Axolotl in der Vergangenheit gerechtfertigt werden!
Unser Fazit:
Andersonii sollten in Artbecken gehalten werden! Eine Hybridisierung außerhalb gezielter wissenschaftlicher Experimente (inkl. Dokumentation und Publikation) an wissenschaftlichen Einrichtungen lehnen wir strikt ab.
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